Die Pandemie überrollt uns: Lasst die Coronakrise nicht zur Beziehungskrise werden

Lasst die Coronakrise nicht zur Beziehungskrise werden

Als die Coronapandemie begonnen hatte, konnte man optimistisch in die Zukunft schauen: Der Virus war bedrohlich, aber irgendwie auch noch weit weg. Der erste Lockdown war für viele nicht nur ein radikaler Bruch mit dem Alltagsleben, sondern auch eine Art Pause, die ihre guten Seiten hatte. Man hatte das Gefühl, alle sitzen im selben Boot. Zukunftsforscher wie Matthias Horx – einer unserer Autoren, dessen Zukunftskonzepte von Liebe wir vor einiger Zeit vorgestellt haben – machten Mut und Hoffnung auf ein neues, besseres, nachhaltigeres Normal nach der Pandemie. Sein Text „Die Welt nach Corona“ hatte im April 2020 hohe Wellen geschlagen.

Heute, nach bald zwei Jahren Pandemie, ist alles ganz anders und vielleicht schlimmer, als wir je gedacht hätten. Nicht nur kennen wohl die meisten von uns inzwischen jemanden, der:die an Corona verstorben ist und zahlreiche Leute, die eine Infektion hinter sich haben. Auch ist die Corona-Impfung leider nicht nur ein wirksames Hilfsmittel in der Pandemiebekämpfung, sondern auch ein übler Streitpunkt, der einen Keil zwischen die Menschen treibt.

Einzelne Menschen mögen in tieferen Krisen gesteckt haben. Wir aber als gegenwärtige Allgemeinheit waren noch nie in einer so tiefen Krise. Vielleicht fragt ihr euch nun, wie ihr als Paar am besten mit der schwierigen Situation umgehen sollt. Womöglich seid ihr am Ende mit den Nerven, vielleicht sogar nicht einer Meinung und ihr merkt, wie die Situation euch zu schaffen macht und an eurer Partnerschaft nagt. Was tun, damit die Viruskrise nicht auch noch zur Beziehungskrise wird?

Vergesst nie die goldenen Streitregeln

Es gibt jetzt viele Streitthemen, und sie müssen nicht einmal zwingend Corona betreffen. Wir spüren, wie wir nervöser und leichter reizbar sind. Und wenn ihr im Homeoffice seid und Kontakte weitgehend meidet, kommt zu dieser niedrigen Reizschwelle auch noch die intensive Nähe, die auch zu viel werden kann.

Versucht durchzuatmen und innezuhalten bevor ihr ausflippt – wahrscheinlich lohnt es sich gar nicht und der:die Partner:in hat gar nichts schlimmes getan. Die Nerven liegen einfach nur blank.

Und wenn es kracht, denkt an die goldenen Streitregeln. So könnt ihr Meinungsverschiedenheiten begegnen, ohne euch gegenseitig zu verletzen, zu demütigen und die Beziehung an sich infrage zu stellen. In aller Kürze sind diese Regeln:

  • Nicht in der Öffentlichkeit streiten
  • Nicht beleidigen
  • Nicht übertreiben
  • Beim Thema bleiben
  • Entschuldigungen annehmen und verzeihen
  • Die eigenen Fehler eingestehen

Mehr dazu könnt ihr in unserem Artikel „So streitet ihr richtig“ oder im Streitratgeber für Paare „Schöner Streiten“ von Berit Brockhausen nachlesen.

Macht euch bewusst, wofür ihr euch liebt

Beim Thema Corona hat inzwischen jede:r seine eigene Meinung und fühlt sich in der einen oder anderen Hinsicht unverstanden. Impfpflicht, mehr Tests, Lockdown, alle Maßnahmen beenden – jede:r wünscht sich etwas Anderes und eckt damit irgendwo an. Es gibt Unzähliges, worüber man diskutieren und streiten kann. Und gerade wenn ihr euch nicht einig seid, gibt es neben den erwähnten Streitregeln gibt es noch etwas Wichtiges: Nicht zu vergessen, wofür ihr euch liebt. Dein:e Partner:in vertritt ganz andere Ansichten als du, der Standpunkt verhärtet sich immer mehr und du kannst nicht nachvollziehen, wie er:sie so denken kann? Das kann in eine echte Beziehungskrise führen. Besinnt euch an diesem Punkt darauf, dass ihr ein Paar seid, das sich einst ineinander verliebt hat und beschlossen hat, die Herausforderungen des Lebens gemeinsam zu stemmen. Macht euch bewusst, was eure:n Partner:in als liebeswürdigen Menschen charakterisiert und reduziert ihn:sie nicht plötzlich auf seine:ihre Corona-Ansichten. Seid empathisch, wie ihr es bisher sicherlich auch zueinander wart, und hört einander zu. Nehmt eure Ängste und Sorgen ernst, wie ihr das auch sonst getan habt.

Ihr seid nicht allein, überall wackeln gerade Beziehungen, Freundschaften, Familienverhältnisse. Wertvolle zwischenmenschliche Verbindungen. Aber mit Menschlichkeit und Respekt kann es euch gelingen, die Coronakrise nicht auch noch zur persönlichen Beziehungskrise zu machen. Im Ersten ist kürzlich sogar eine Doku zu diesem bedrückenden Thema erschienen: „Beziehungskrisen – Wie Corona spaltet“. In der Mediathek kann sie noch bis zum 12.07.2022 angesehen werden.

Lasst Corona hin und wieder hinter euch

Nachdem wir schon fast dachten, sie sei vorbei, gerät die Pandemie nun aus dem Ruder und beeinflusst unser Leben mehr als je zuvor. Ganz egal, ob ihr beim Thema Corona an einem Strang zieht oder euch uneinig seid: Ihr braucht Pausen, denn die ganze Situation ist wahnsinnig anstrengend. Lasst Corona nicht eure ganze Beziehung dominieren, sondern versucht, das Thema mal komplett hinter euch zu lassen.

Auch wenn ihr lieber zusammen auf dem Weihnachtsmarkt oder im Konzert wärt: Ein schönes gemeinsames Wochenende zuhause kann so schön und vollkommen Corona-frei sein. Beim Kochen, Film schauen, spielen, schmusen einfach mal gar nicht drüber reden, sondern für ein paar Stunden abtauchen in eine Welt ohne Pandemie. Manchen Paaren kann es helfen, in Erinnerungen an die schönen gemeinsamen Erlebnisse vergangener Jahre zu schwelgen und ein paar Fotos anzusehen.

Holt euch auch ein paar Tipps von unseren Autoren. Wir haben zahlreiche Bücher zum Thema Beziehungskrise zur Auswahl, die euch helfen können, in dieser anstrengenden Zeit zueinander zu halten: Raus aus dem Beziehungs-Burnout von Daniela Bernhardt, Bleibt ich oder geh ich jetzt? von Ruth K. Westheimer und Pierre A. Lehu oder Zum Frieden braucht es zwei, zum Krieg reich einer von Mathias Voelchert.

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