Ob „Freundschaft Plus“, „Friends with Benetifs“ oder „Sexfreundschaft“ – es gibt viele Bezeichnungen für ein Konzept, das möglichst unkompliziert sein soll, es in der Realität aber meist nicht ist: Eine Freundschaft mit Sex, aber ohne Liebe und feste Beziehung. Kann das gut gehen?
Die Sexfreundschaft: Ein Beziehungsmodell voller Vorteile?
Eine „Freundschaft Plus“ scheint eine Form der zwischenmenschlichen Beziehung zu sein, in der sich zwei Menschen aus verschiedenen Modellen nur die Vorteile herauspicken. Sie mögen sich, sie vertrauen einander, sie verbringen gerne Zeit miteinander und finden sich auch noch so attraktiv, dass sie Sex miteinander haben. Gleichzeitig gibt es keinen Streit über Alltäglichkeiten oder Zukunftspläne. Jede:r kann sein Leben so leben, wie er:sie es für richtig hält. Sie sind nicht alleine, sie kommen sexuell auf ihre Kosten, fühlen sich begehrt – und doch sind sie ungebunden und frei.
Freundschaft Plus: So kann es klappen
Sexfreundschaften gibt es meistens zwischen jungen Menschen in den Zwanzigern, die in ihrer Lebensplanung noch nicht gefestigt sind. Besteht Einigkeit darüber, dass das Modell „Friends with Benefits“ nicht auf Dauer ausgelegt ist, sondern darauf, einfach ohne große Zukunftspläne das junge, von Verpflichtungen freie Leben zu genießen, so kann die Freundschaft Plus funktionieren. Ein paar Regeln sind dafür aber wichtig:
- Haltet eure „Benefits“ geheim
Verzichtet auf Zärtlichkeiten oder eindeutige Äußerungen in der Öffentlichkeit. Denn sonst wird euer Umfeld euch schnell als Paar wahrnehmen, mit unangenehmen Fragen konfrontieren und dadurch vielleicht zumindest eine:n von euch aus dem Konzept bringen. - Verzichtet auf Dates und Paar-Rituale
Denn das kommt einer festen Beziehung zu nahe und die Gefahr steigt, dass sich eine:r von euch verliebt. Freundschaftliche Aktivitäten, die ihr auch schon unternommen habt, bevor ihr miteinander Sex hattet, sind ok. Aber romantische Dinge wie gemeinsam Essen gehen, innige Spaziergänge oder Kuschelabende solltet ihr vermeiden. - Tauscht wenig Zärtlichkeiten aus
Generell solltet ihr das Kuscheln oder sonstigen intimen Körperkontakt, wie Küsse und Streicheleinheiten, auf den Sex und das dazugehörige Vorspiel begrenzen und auch nicht miteinander einschlafen. Denn auch das alles fördert die Bindung und weckt Emotionen. - Vermeidet (Nach-)Fragen
Was auch immer man tut, sollte man es erst einmal darauf beruhen lassen und die Reaktion des Anderen abwarten. Nachfragen à la „hast du meine Nachricht bekommen?“, „wann sehen wie uns denn nun wieder?“ oder „hat es dir auch so gut gefallen?“ wirken ziemlich abschreckend. - Trefft klare Vereinbarungen
Sprecht miteinander ab, ob eure Sexfreundschaft exklusiv ist oder ob es ok ist, auch mit anderen Menschen Sex zu haben oder aktiv einen festen Partner zu suchen, um Eifersucht und verletzte Gefühle zu vermeiden. Wenn ihr dabei nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommt, lohnt sich die Überlegung, das Ganze doch lieber sein zu lassen.
Warum ist „Friends with benefits“ nicht von Dauer?
Während man in einer klassischen Affäre auf zwischenmenschlicher Ebene Distanz wahrt, sich zum Beispiel nicht für Freizeitaktivitäten trifft oder über Gefühle und das eigene Privatleben spricht, ist Freundschaft von sozialer Nähe geprägt. Freunden vertrauen wir, wir schätzen ihre Persönlichkeiten und verbringen gerne Zeit mit ihnen – genau wie mit einem:einer Lebenspartner:in in einer festen Beziehung. Wenn dann noch Sex dazu kommt, der:die gute Freund:in dafür verantwortlich ist, dass unser Körper beim Orgasmus das Hormon Oxytocin ausschüttet, welches eine emotionale Bindung schafft, werden die Grenzen zwischen „Freundschaft Plus“ und romantischer Beziehung fließend.
Gleichzeitig weicht der Drang nach Freiheit und Ungebundenheit im Laufe der Jahre meist dem Wunsch nach Sesshaftigkeit und Zugehörigkeit, denn das sind ganz gewöhnliche menschliche Sehnsüchte. All die Verpflichtungen, die eine feste Beziehung mit sich bringt, wirken dann gar nicht mehr so belastend und abschreckend, stattdessen beginnt man, sich nach einem Menschen zu sehnen, mit dem man den Alltag teilen, eine Familie gründen und alt werden möchte.
Und was kommt danach…?
Vielleicht treten diese Sehnsüchte nach mehr Dauerhaftigkeit und Liebe zur selben Zeit auf, wie die beiden Freunde ihre „Freundschaft Plus“-Regeln immer öfter über Bord werfen und mehr Innigkeit zwischen ihnen entsteht. So erwächst aus einer lockeren Sexfreundschaft eine echte Liebesbeziehung mit tollen Voraussetzungen, denn sie kennen sich bereits auf zwischenmenschlicher und sexueller Ebene sehr gut.
In anderen Fällen endet eine Sexfreundschaft mit einer Trennung und die großen Liebesgefühle sind dann doch einer anderen Person vorbehalten. Wenn eure Regeln bis dahin gut funktioniert haben, könnt ihr wieder einen Schritt zurück gehen auf die rein freundschaftliche Ebene ohne Sex.
Ein schmerzhaftes Ende findet eine Freundschaft Plus immer dann, wenn sich doch Liebe entwickelt hat, aber nur bei einem:einer der beiden Partner:innen. Dann kommen auf beiden Seiten sehr negative Emotionen auf, wie Frust, Eifersucht, Verlustangst und das Gefühl, eingeengt zu werden. Von diesem zwischenmenschlich betrachtet sehr schwierigen Punkt aus eine sexfreie Freundschaft wiederherzustellen ist schwierig und scheitert meist, sodass letztendlich die Freundschaft ganz zerbricht und auch mindestens ein gebrochenes Herz hinterlässt.