von Sophie Andresky
Endlich kommt der Unsinn auch bei den Männern an! Es ist nicht nett von mir, dass ich immer schadenfroh grinsen muss, wenn ich sehe, welchen Mist sich die Industrie nun für Männer ausdenkt und nicht immer nur für Frauen, aber mal ehrlich: Gerechtigkeit muss sein. Die bizarren Apparaturen, mit denen ein Penis verlängert oder verhärtet werden soll, gibt es ja schon seit Ewigkeiten, und von all den Pillen und Salben will ich hier gar nicht anfangen. Bei den Liebesdienerinnen aus Gummi und Plastik ist nur neu, dass man sie heute nicht mehr aufbläst, sondern eine Frau seiner Wahl in den 3D-Scanner stellt und sie dann fast lebensecht im Karton zugeschickt bekommt. Wahlweise mit Körperheizung, Herzschlag oder Atemfunktion. Das kostet allerdings etwa so viel wie ein Mittelklassewagen.
Neu sind die Gimmicks, die die Herren der Schöpfung unter einen ähnlichen Körperleistungsdruck stellen, den wir Mädels immer schon aushalten müssen: Cellulite zum Beispiel ist keine Krankheit, sondern wurde in den siebziger Jahren von einer Kosmetikerin erfunden, um eine spezielle Massage zu verkaufen. Davor hatten sogar die Bondgirls sichtbare Dellen und keinen hat’s gestört. Auch Dehnungsstreifen sind keine Missbildung, sondern völlig normal für Frauen, die größer sind als Schlümpfe. Wenn es all diese Dinge, mit denen wir Frauen kleingemacht, erniedrigt und verunsichert werden, nicht gäbe, würde garantiert jemand Ohrläppchen-Schwabbel erfinden – inklusive Trainings- und Diätplan, damit das fiese, widerliche und peinliche Weiche am Ohr endlich aufhört.
Endlich ist der Selbstoptimierungs-Stress also bei den Jungs angekommen, denn für den moppeligen Mann gibt es jetzt den „Strammen Max“, die Quetschwäsche, die unterm Sakko fast gar nicht auffällt. Und ist der Mann nach einem langen Arbeitstag mal ein bisschen schwitzig im Schritt, kann er beherzt zu seinen „Nadkins“ greifen, das sind Hodenfeuchttücher (noch mal, weil’s so schön ist: HO-DEN-FEUCHT-TÜ-CHER), die für gereinigte und samtige Haut dort sorgen, wo normalerweise die Sonne nicht hinscheint. Hat der kernige Kerl dann alles frisch gewischt, können gleich die batteriebetriebenen Hodenklemmen zum Einsatz kommen. Dabei möchte ich keinesfalls die Fans von Hoden-Qualen diskriminieren – soll sich jeder klemmen, was er mag. Lustig fand ich allerdings, dass diese Dinger vom Onlineshop meines Supermarktes vertrieben werden, der nicht mal Kondome verkauft, geschweige denn Gleitgel. Aber Hodenklemmen gibt’s. Batteriebetrieben. Mein absolutes Schätzchen in dieser kleinen Produktinformation allerdings ist die Lick-App. Das ist eine App, die Männern beibringt, wie sie uns am besten lecken. Es gab vorher schon einen Oralsextrainer, eine Art Beißschiene mit Gumminippel, an dem man zwecks Leistungssteigerung der Zungenfertigkeit herumdaddeln konnte, aber diese elektronische Variante ist noch bizarrer: Auf dem Smartphone-Display erscheint ein kleiner runder Kreis, und da leckt man dann nach Anweisung drum rum.
Wenn ihr also demnächst in der U-Bahn seht, wie Männer konzentriert ihr Handy bezüngeln, dann wisst ihr: Die lernen noch. Sobald sie den Highscore erreicht haben, werden sie sich die Quetschwäsche vom Waschbärbauch pellen, sich die Hoden erfrischen, und dann geht’s aber los!
Mehr von der Autorin auf www.sophie-andresky.de und in ihrem neuen erotischen Roman: