Jeder kennt den Ausdruck „gut im Bett“. Er wird verwendet für Männer oder Frauen, die Sex besonders „gut beherrschen“ sollen. Aber was heißt es eigentlich, „gut im Bett“ zu sein oder Sex „gut zu beherrschen“? Gibt es überhaupt objektive Eigenschaften, die eine Person ausmachen, die „gut im Bett“ ist?
Gut im Bett und schlecht im Bett: Die Klischees
Wenn eine Person von jemandem das Prädikat „gut im Bett“ bekommt, kommen vermutlich bei den meisten Menschen bestimmte Vorstellungen auf. Diese Person fühlt sich dann wohl gut in ihrem nackten Körper, ist zärtlich und einfühlsam, küsst und streichelt, geht auf die Wünsche seines:seiner Sexualpartners:partnerin ein, zeigt offen ihr:sein Begehren, ist offen für Experimente, weiß mit seinen:ihren Händen und seiner:ihrer Zunge umzugehen und kennt sich mit den verschiedensten Stellungen aus.
Hört man hingegen, jemand sei „schlecht im Bett“, denkt man an Frauen, die nur passiv daliegen, an Männer, die ohne Vorspiel nur das „Rein-Raus-Spiel“ durchziehen bis sie kommen und dann fertig sind. An Menschen, die Oral Sex ablehnen, nur eine Stellung wollen und sich beim Sex vor sich selbst und/oder ihrem:ihrer Sexualpartner:in zu schämen scheinen.
Die Erfahrungen prägen das Verhalten beim Sex
Beinahe noch mehr als bei vielen anderen Dingen, muss man beim Sex aber eigentlich betonen: Es ist noch kein:e Meister:in vom Himmel gefallen. Wie jemand mit seiner Sexualität umgeht, wie er:sie sich als Sexualpartner:in verhält, ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, am meisten aber vermutlich davon, ob und welche Erfahrungen in Sachen Sex er:sie bereits gemacht hat.
Gerade jungen Männern und Frauen kann es passieren, dass sie bei ihren ersten Malen zu stark das hemmungslose und teils ziemlich überzogene Verhalten zu imitieren versuchen, das sie in Pornos gesehen haben oder an die typischen Ansprüche denken, die sie aus ihrem Umfeld zum Thema „gut im Bett“ mitbekommen haben. Dann wirken sie unnatürlich und unsicher, weil sie eigentlich das Bedürfnis haben, sich langsam und vorsichtig an ihre Sexualität heranzutasten. Eigentlich haben sie gar keinen Kopf dafür, mit verschiedenen Stellungen zu experimentieren oder Oral Sex zu machen, weil sie gerade erst damit klarkommen müssen, jemandem so nahe zu sein wie nie zuvor. Gleichzeitig haben sie Angst, zu prüde rüberzukommen, sich lächerlich zu machen oder zu früh zu kommen. Sie wollen so gerne alles richtig machen, und doch ist es nicht wirklich „gut“ – weder für sie, noch für den:die Andere:n, gerade wenn diese:r schon mehr Erfahrungen hat.
Haben aber zwei Menschen ihr erstes Mal miteinander, die ohne Leistungsdruck an die Sache herangehen und sich ganz nach ihren natürlichen Bedürfnissen benehmen, können sie den objektiv langweiligsten Blümchensex miteinander haben, den sie beide unvergesslich schön finden.
Gerade frisch verliebte Paare haben oft eigentlich gar nicht so großartigen Sex, können ihre „Fähigkeiten“ noch gar nicht richtig entfalten, weil sie sich nicht gut genug kennen, um zu wissen, was der:die Partner:in mag. Die Verliebtheit und das dadurch entstehende Begehren macht ihn trotzdem oft wunderschön für beide. Denken sie später, als langjähriges, eingespieltes und im Umgang miteinander erfahrenes Paar daran zurück, wird ihnen ihr gemeinsames erstes Mal vielleicht unbeholfen und objektiv betrachtet „schlecht“ vorkommen.
Außerdem haben Menschen nicht immer die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten als Liebhaber:innen zu entwickeln und zu verfeinern, wenn sie mit einer Person zusammen sind, die sexuell eigentlich gar nicht zu ihnen passt. Hatte eine Frau jahrelang einen Partner, der einfach nur „drüber wollte“ und gar keine Lust hatte auf Zärtlichkeiten und Abwechslung, kennt sie nichts Anderes als passiv dazuliegen. War ein Mann lange mit einer Frau zusammen, die sich sexuell nicht richtig auf ihn eingelassen hat und nur Sex im Dunkeln in der Missionarsstellung wollte, konnte er sich nicht in Experimentierfreude üben und hat vielleicht sogar ein Schamgefühl entwickelt, weil er immer das Gefühl hatte, seine Partnerin wolle ihn beim Sex nicht sehen. Mit dem:der richtigen Partner:in können sie aber in ihrer Sexualität wachsen und „gut im Bett“ werden.
Besserer Sex durch Kommunikation
Wenn der Sex mit dem:der Partner:in nicht so richtig gut ist, liegt es also sicher nicht daran, dass er:sie prinzipiell „schlecht im Bett“ ist. Und es muss auch nicht so bleiben. Kommunikation kann Sex sehr viel besser machen: Feedback während und nach dem Sex, Vorschläge, Anregungen, das Äußern von Wünschen – es gibt viele Arten, einer Person mitzuteilen, wie man den Sex mit ihr am liebsten hätte. Wichtig ist dann nur, dass er:sie es genauso schön findet.
Das Paar Theresa und Tom fanden – obwohl sie sich sehr liebten – ihren Sex auch mehr schlecht als recht und sind, um beide „besser im Bett“ zu werden, einen interessanten Weg gegangen. Ihre Geschichte haben sie als Buch festgehalten: „Besser als Sex ist besserer Sex“.
Letztendlich muss wohl für guten Sex eine von zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Entweder beide Partner:innen haben dieselbe Definition von „gut im Bett“ und harmonieren einfach. Oder sie finden Kompromisse, die für beide befriedigend und schön sind und wachsen miteinander. Viele Menschen brauchen ein hohes Maß an Vertrautheit, um Hemmungen abzulegen und in ihrer Offenheit und Experimentierfreude guten Gefühls einen Schritt weiterzugehen. Im Rahmen ihrer „Komfortzone“ können sie dann trotzdem „gut im Bett“ sein – selbst für jemanden, der sich mehr Experimente und wilderen Sex wünscht.
Wer selbstbewusst ist und sich geliebt fühlt, ist auch besser im Bett
Guter Sex ist untrennbar verbunden mit dem Selbstbewusstsein und der Selbstliebe aller Beteiligten. Wenn sich jemand unattraktiv und ungeliebt fühlt, wird er:sie sich auch nicht richtig fallen lassen können. Er:sie wird sich schämen, Stellungen meiden, in welchen der:die Sexpartner:in freie Sicht auf seinen:ihren Körper hat und sich mit Wünschen zurückhalten.
Wenn du deinem:deiner Partner:in also dazu verhelfen möchtest, etwas „besser im Bett“ zu werden, ist das Beste, was du tun kannst: Zeig ihm:ihr, dass du ihn:sie begehrst. Dass dir Sex mit ihm:ihr viel Spaß macht. Sag ihm:ihr, dass du ihn:sie liebst. Mache ihm:ihr Komplimente, sag ihm:ihr, was du an seinem:ihrem Körper besonders magst und gib ihm:ihr zu verstehen, dass er:sie nicht perfekt aussehen oder sein muss, um von dir geliebt und sexuell begehrt zu werden. Denn wer selbstbewusst ist und er:sie selbst sein darf, ist meist auch gut im Bett – und wird immer besser, je mehr Erfahrung, Vertrautheit, Feedback und Bestätigung sich ansammelt.