Was ist Demisexualität?

Was ist Demisexualität?

Sexualität ist nicht gleich Sexualität, das haben weite Teile unserer Gesellschaft in den letzten Jahren begriffen. Die Sexualität ist geprägt von Diversität und Individualität, und um das auch sprachlich deutlich zu machen, haben sich in jüngster Zeit zahlreiche neue Begriffe etabliert. Einen davon möchten wir uns heute näher anschauen: Was bedeutet Demisexualität? Beschreibt diese sexuelle Orientierung vielleicht genau das, was du schon lange fühlst, ohne bislang einen Begriff dafür gehabt zu haben?

Demisexuell ist, wenn Sex und Liebe untrennbar zusammengehören

Demisexualität wird definiert als sexuelle Orientierung, bei welcher eine sexuelle Anziehung nur zu Personen entstehen kann, zu welchen auch eine enge Bindung besteht beziehungsweise Liebesgefühle vorhanden sind. Liebe und tiefe Emotionen, bei manchen Menschen vielleicht auch eine Verbindung auf einer Art spirituellen Ebene, sind die Voraussetzungen dafür, dass Demisexuelle das Verlangen nach Sex verspüren können. Äußerliche Eigenschaften einer auf persönlichen Ebene noch unbekannten Person, wie ihr Aussehen oder ihr Duft, haben keine sexuelle Anziehungskraft auf Demisexuelle.

Ist es nicht normal, mit dem Sex zu warten?

Klar, nicht alle Menschen landen nach dem ersten oder zweiten Date direkt miteinander im Bett. Vielen ist es wichtig, ihre:n potenzielle:n neue:n Partner:in zunächst besser kennenzulernen, bevor sie mit ihm:ihr eine derart intensive Intimität teilen, wie es beim Sex der Fall ist. Das heißt aber nicht, dass sie sich zum:zur neuen Partner:in nicht schon sexuell angezogen fühlen. Sexuelle Anziehung gehört in der Regel zum Verliebtsein dazu, man freut sich auf die ersten Zärtlichkeiten und das erste Mal und hat das Verlangen danach. Selbst wenn das Paar mit dem Sex noch wartet, gibt es den ersten Kuss und weitere erste Intimitäten, die sexuell konnotiert sind.

Bei Demisexuellen ist das hingegen in der Regel anders, in ihrem Leben spielt Sex eine untergeordnete Rolle, sodass einige von ihnen zuerst denken, sie wären asexuell, weil sie noch nie sexuelles Verlangen verspürt haben. Deshalb gilt Demisexualität als sexuelle Orientierung aus dem asexuellen Spektrum; daher auch der Name: Demi bedeutet auf Französisch „die Hälfte“ oder „halb“, „demisexuell“ heißt entsprechend „halbsexuell“.

Demisexuelle warten nicht bewusst mit dem Sex, sondern haben gar kein Bedürfnis danach, bevor keine enge emotionale Bindung mit einem intensiven Vertrauensverhältnis besteht. Demisexuellen Personen fällt klassisches Dating deshalb schwer, denn viele potentielle Partner:innen interpretieren ihr „unsexuelles“ Verhalten als Desinteresse an einer Beziehung oder verlieren selbst das Interesse. Es ist naheliegend, dass es gerade bei Demisexuellen häufig vorkommt, dass sie ihr erstes Mal erst spät, eventuell erst im Erwachsenenalter haben, so wie es bei der demisexuellen Judith der Fall war, die in der Serie „Auf Klo“ über die sexuelle Beziehung zu ihrer ersten Freundin Louisa erzählt.

Bist du demisexuell?

Denkst du, du könntest vielleicht demisexuell sein? Wenn folgende Eigenschaften und Verhaltensweisen auf dich zutreffen, dann ist es wahrscheinlich der Fall.

  • Du kannst fremde oder nur flüchtig bekannte Menschen zwar ästhetisch schön finden, aber einen sexuellen Reiz hat noch nie jemand in dir geweckt, zum dem du keine emotionale Bindung hattest.
  • Du findest oberflächliche Gespräche, wie sie häufig bei Kennenlerndates stattfinden, unangenehm und wirst nervös, wenn du spürst, dass dein Date sexuelles Interesse signalisiert.
  • Du bist dir nicht sicher, ob du hetero-, bi-, oder homosexuell bist, denn die geschlechtlichen Unterschiede erscheinen dir zu oberflächlich. Du möchtest einen Menschen für seine Persönlichkeit lieben und nicht für sein Geschlecht.
  • Dir sind erotische Filme oder Pornos egal, sie lösen keine sexuellen Regungen in dir aus. Vielleicht findest du sie sogar abstoßend und beschämend.
  • In deinem Leben spielt Sex eine untergeordnete Rolle und er fehlt dir auch nicht. Von der großen Liebe träumst du aber – vielleicht so ähnlich, wie sie Anne Heintze in ihrem Buch „Seelenpartner – Liebe ohne Limit“ beschreibt.
  • Wenn du dich schon einmal sexuell zu jemandem hingezogen gefühlt hast, dann war es jemand, den du sehr gut kanntest, zum Beispiel ein:e gute:r Freundin:in, ein:e vertraue:r Arbeitskollege:kollegin oder jemand, der dir beim Kennenlernen sehr viel Zeit gegeben hat.
  • Wenn du sexuelle Fantasien hast, dann sind sie immer in einen sehr liebevollen Kontext eingebettet. Der Gedanke vom Sex mit Fremden, eine sonst sehr häufige Fantasie, lässt dich vollkommen kalt.
  • Selbst wenn du schon in einer dauerhaften Partnerschaft lebst, gibt es immer wieder Phasen, in welchen du keine Lust auf Sex hast – vor allem dann, wenn der Alltag stressig ist und ihr nicht wirklich die Zeit habt, euch ausgiebig, zärtlich und liebevoll einander zuzuwenden.

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